1. Allgemeine Werte vs. Unternehmenswerte
Wenn wir über Werte sprechen, müssen wir unterscheiden:
- Allgemeine Werte sind universell. Sie gelten immer und überall - unabhängig von Unternehmen, Branche oder Kultur. Dazu gehören Respekt, Wertschätzung, Fairness. Und eben auch Ehrlichkeit.
- Unternehmenswerte hingegen sind spezifische Regeln, die eine Organisation für sich definiert. Sie geben Orientierung für Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung - und unterscheiden sich von Firma zu Firma.
Beides hängt eng zusammen. Denn allgemeine Werte bilden die Basis. Unternehmenswerte bauen darauf auf.
2. „Du sollst nicht lügen“ - einfach gesagt, schwer gelebt
Das Gebot „Du sollst nicht lügen“ findet sich schon in der Bibel. Jeder würde sofort zustimmen: Ehrlichkeit ist wichtig, man sollte sich daran halten.
Doch im Alltag zeigt sich schnell: So einfach ist es nicht. Denn ohne kleine Notlügen kommt kaum jemand aus.
Ein simples Beispiel: Jemand nimmt sich einen halben Tag frei, um zu einem Vorstellungsgespräch bei einem anderen Unternehmen zu gehen. Verständlich, dass er das seinem aktuellen Arbeitgeber nicht offen sagt. Aber was antwortet er, wenn Kollegen nachfragen? Eine „Ausrede“ liegt nahe - und schon steht man an der Grenze der Ehrlichkeit.
3. „Wir lügen nicht“ - mein Führungsprinzip
In meinen Teams habe ich deshalb immer wieder das Prinzip formuliert: Wir lügen nicht.
Mir war wichtig: keine bewusste Unwahrheit - weder intern, noch gegenüber Kunden, noch bei Neueinstellungen. Klingt simpel, ist aber in der Praxis ein täglicher Kampf.
Ein Beispiel: Mein Team hatte einmal versehentlich zwei Kundentermine auf denselben Zeitpunkt gelegt. Einer musste verschoben werden. Unangenehm - aber passiert. Statt den Fehler offen zuzugeben, wurde dem Kunden gesagt: „Herr Dr. Tschentscher ist leider heute krank.“
Erst eine Woche später erfuhr ich davon - als der Kunde mich fragte, ob es mir wieder besser gehe. Ein vermeintlich kleiner Schutzreflex, der extrem peinlich wurde, sobald die Unwahrheit aufflog.
4. Kleine Lügen, große Wirkung
Solche Situationen begegnen mir ständig:
- Erfolgsgeschichten, die schöner erzählt werden, als sie waren.
- Software-Funktionen, die in Präsentationen mehr versprechen, als sie können.
- Bewerber, denen im Recruitingprozess Dinge „anders“ dargestellt werden, als sie später Realität sind.
Und auch ich selbst befinde mich oft in Situationen, in denen es schwierig ist, das einfache Prinzip "Du sollst nicht lügen" einzuhalten; nicht immer gelingt es mir.
Im Moment mag das bequem wirken. Langfristig jedoch kostet es Vertrauen - und Vertrauen ist die härteste Währung in jedem Geschäft.
5. Ehrlichkeit als Wettbewerbsvorteil
Ehrlichkeit ist unbequem. Sie zwingt dazu, eigene Fehler zuzugeben, Grenzen klar zu benennen und manchmal auch Kunden mit unangenehmen Wahrheiten zu konfrontieren.
Aber genau darin liegt ihre Stärke: Wer konsequent ehrlich bleibt, gewinnt Glaubwürdigkeit. Kunden und Partner wissen, woran sie sind. Mitarbeitende vertrauen Führungskräften mehr, wenn sie spüren, dass auch unangenehme Wahrheiten ausgesprochen werden.
Ehrlichkeit macht verletzlich - aber gerade das schafft Stärke.
6. Mein Impuls
- Wo sind bei dir im Alltag „kleine Lügen“ längst Routine geworden?
- Welche Situationen würden gewinnen, wenn du den Mut hättest, klar und ehrlich zu sprechen?
- Und was wäre, wenn Ehrlichkeit nicht nur ein Ideal wäre - sondern eine gelebte Regel in deinem Team?
Denn: Ehrlichkeit kostet kurzfristig Mut. Aber langfristig bringt sie Vertrauen - und das ist unbezahlbar.