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Emotionale Resilienz – was Führungskräfte von den Stoikern lernen können

1. Warum die stärksten Führungskräfte nicht unerschütterlich sind

In meiner Beratungspraxis erlebe ich oft: Führungskräfte investieren enorm viel Energie in Strategien, Projekte und Entscheidungen. Aber der größte Energiefresser sind nicht die Zahlen oder Prozesse - es sind Emotionen.

Wer kennt das nicht: Ein Streit mit einem Kollegen oder eine abfällige Bemerkung im Meeting beschäftigt uns tagelang und kostet mehr Kraft als jedes Projekt.


2. Die stoische Unterscheidung

Die Stoiker (Marc Aurel, Seneca, Epiktet) haben dafür vor über 2.000 Jahren einen einfachen, aber kraftvollen Gedanken formuliert:

Wir müssen unterscheiden zwischen dem, was in der Welt passiert und unserer Reaktion darauf. Das eine liegt oft außerhalb unserer Kontrolle. Das andere - unsere Emotionen und unser Umgang damit - liegt bei uns.

Für Führungskräfte bedeutet das: Nicht jedes Problem, jede Kritik oder jeder Konflikt muss uns innerlich vereinnahmen. Entscheidend ist, Distanz zu wahren und die eigene Reaktion bewusst zu steuern.


3. Emotionale Resilienz als Führungsqualität

Resilienz heißt nicht, keine Emotionen zu haben. Sondern: sie wahrzunehmen, aber nicht von ihnen beherrscht zu werden.

Führungskräfte, die emotionale Resilienz entwickeln, senden starke Signale:

  • Sie bleiben auch in Konflikten klar.
  • Sie lassen sich nicht von kurzfristigen Emotionen treiben.
  • Sie schaffen Sicherheit, weil ihr Team spürt: Diese Person bleibt handlungsfähig - auch unter Druck.

4. Praktische Tipps für emotionale Resilienz

  • Atemtechnik: Drei tiefe Atemzüge, bevor du auf eine provokante Bemerkung reagierst. Oft reicht das, um Klarheit zu gewinnen.
  • Reframing: Frage dich: „Werde ich mich in drei Monaten noch über dieses Thema ärgern?“ - meist relativiert das die Situation sofort.
  • Externe Perspektive: Teile deine Emotion mit einer neutralen Person. Schon das Aussprechen hilft, Distanz zu gewinnen.
  • Schreib es auf: Gedanken auf Papier bannen, um sie aus dem Kopf zu bekommen. Ein klassisches Stoiker-Werkzeug.
  • Körperlicher Ausgleich: Bewegung - ein kurzer Spaziergang, Sport oder einfach den Arbeitsplatz verlassen - wirkt oft stärker als Grübeln.

5. Abraham Lincolns „Hot Letters“

Ein eindrucksvolles historisches Beispiel: Abraham Lincoln.

Wenn er über Generäle oder Politiker wütend war, setzte er sich hin und schrieb bitterböse Briefe - detailliert, emotional, voller Kritik. Doch er unterschrieb sie nie und schickte sie nie ab.

Diese sogenannten „Hot Letters“ blieben in seiner Schreibtischschublade und wurden erst viele Jahre später entdeckt. Sie dienten ihm nicht dazu, den Empfänger zu erreichen, sondern ihn selbst zu regulieren.

So konnte er seine Emotionen ausdrücken, reflektieren - und danach ruhiger und klarer handeln.

Eine erstaunlich einfache Methode, die zeigt: Selbst die größten Führungspersönlichkeiten mussten Wege finden, mit ihren Gefühlen umzugehen.


6. Mein Impuls

  • Welche Konflikte oder Bemerkungen rauben dir aktuell Energie?
  • Welche Methode hilft dir, Emotionen auszudrücken, ohne sie sofort in Handlungen umzusetzen?
  • Was wäre dein eigenes „Hot Letter“-Ritual?

Denn Führung heißt nicht, emotionslos zu sein. Aber: Führung heißt, Emotionen zu führen - vor allem die eigenen.

Über den Autor

Dr. Sebastian Tschentscher findet mit seiner Executive Search Boutique „Digital Minds“ die besten digitalen Köpfe für Ihr Unternehmen.

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