Als Personalberater führt man mehr Gespräche mit Menschen als in kaum einem anderen Beruf: Über das Jahr kommen unzählige Sales-, Briefings-, Interviews, Netzwerkmeetings und Video-Calls zusammen. Bestimmte Themen sind in diesen Gesprächen "Dauerbrenner". Eins davon ist das Thema "Office vs. Remote". Ich fasse die wesentlichen Phasen der Gesprächsverläufe der letzten Jahre einmal kurz zusammen:
Phase 1 - vor Corona: Moderne und internationale Unternehmen haben schon immer remote-Arbeitsmodelle, finden diese gut und sinnvoll. Die meisten anderen hadern mit dem Thema. Sehr oft höre ich hinter vorgehaltener Hand den Satz: "Wissen Sie, ich halte nichts vom HomeOffice."
Phase 2 - Corona: Alle arbeiten remote. Diejenigen, für die das neu ist, sind sehr stolz auf ihre technische und kulturelle Entwicklung: "Wir mussten in kürzester Zeit alle Mitarbeitenden mit entsprechender Technik ausstatten und kulturell war das auch eine Riesenherausforderung. Es klappt aber super und wir sind sehr effizient."
Phase 3 - nach Corona: Die Meinungen und Konzepte folgen der Gausschen Normalverteilung: An den Rändern die Hardliner. Auf der einen Seite: "Wir haben kein Office mehr, brauchen wir auch nicht. Wenn wir uns sehen wollen, machen wir ein Offsite." Auf der anderen Seite die extremen Bürobefürworter á la Elon Musk: "HomeOffice können die Leute gerne in ihrer Freizeit machen, vorher kommen sie aber bitte 40 Stunden ins Büro." Dazwischen tummelt sich die Mehrheit mit 4/1, 3/2, 2/3, 1/4 - Regelungen, mit denen die Tage von Montag bis Freitag auf remote und Präsenz im Büro verteilt werden oder Teamtage am Dienstag und Donnerstag vereinbart sind.
Jeder hat eine Meinung zu dem Thema, weil es jeden betrifft. Ich habe die Argumente und Ansichten schon so oft gehört, dass es etwas ermüdend wird. Ich frage daher oft: Was ist denn aus deiner Sicht der "Gold-Standard" bei dem Thema. Drei Ansätze finde ich dabei besser als viele anderen:
Erstens: Das Büro muss so attraktiv sein, dass man lieber dort ist als anderswo: Ausstattung, Atmosphäre und Angebot an Benefits sind so gut, dass die Leute oft und gerne da sind. Die Vorteile des gemeinsamen Arbeitens vor Ort ergeben sich also von alleine.
Zweitens: Festlegen von Kontingenten: Statt starrer Regelungen auf Wochenbasis wird z, B. geregelt, dass jeder an 20 Tagen pro Quartal im Büro sein soll. Dadurch ist in den Offices immer etwas los. Gleichzeitig können Mitarbeitende aber auch flexibel einmal vier Wochen Worcation einlegen.
Drittens: Teams oder Bereiche entscheiden selbst, was für sie sinnvoll ist und stellen entsprechende Regeln auf.
Als Selbständiger habe ich mir ein Büro in einem Co-Working-Space gemietet, in dem ich fast jeden Tag bin. Ich möchte einfach nicht immer zu Hause arbeiten. Aber wenn ich in meiner Zweit-Heimat Barcelona bin, genieße ich es sehr, dort ohne jede Einschränkung weiter arbeiten zu können und bin dankbar für die Möglichkeiten unserer "schönen neuen Welt."