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Landschaft Südamerika

Als ich im April eine Auszeit genommen hatte, habe ich beschlossen, mich auch einmal theoretisch-wissenschaftlich und nicht nur praktisch mit den Themen „Personalmarketing“ und „Recruiting“ zu befassen. Da ich niemand bin, der gerne allein im stillen Kämmerlein lernt, kam mir die Idee, eine Vorlesung zu dem Thema anzubieten.

Ich muss zugeben, es war relativ anstrengend, die 28 Lehreinheiten vorzubereiten. Denn der Stoff sollte ja sowohl fundiert als auch interessant und natürlich praxisrelevant sein. Als ich fertig war, kam mir folgender Gedanke: Wäre es möglich, die Essenz all dessen, worum es in dem Kurs gehen soll, in einer Übung zusammenzufassen? So dass sich die Studierenden notfalls nur an diese 45 Minuten erinnern müssen, wenn der Rest des Lernstoffs längst verblasst sein wird? Am besten gleich am Anfang der ersten Stunde…

Einen Versuch war es wert: Es sollten Dreiergruppen gebildet und in 30 Minuten ein Text für Social-Media-Kanäle erarbeitet werden. Die Aufgabe war, jemanden zu finden, der auf einen sechsmonatigen Wohnmobil-Trip durch Südamerika mitkommt. Im Idealfall sollte die Person ein wenig Spanisch können und technisch versiert sein.

Schon als ich die Diskussion in den Gruppen mithörte, wusste ich, dass das Experiment geglückt war: „Wohin soll es genau gehen? Warum machen wir die Reise eigentlich? Was wollen wir am Ende davon mitnehmen? Was zeichnet uns als Gruppe aus und was ist uns wichtig?“ Ohne es zu merken, wurden genau die Fragen beantwortet, die sich jedes Unternehmen stellen sollte: „Was ist unser langfristiges Ziel (Vision)? Warum machen wir das? (Mission/Purpose)? Welche Regeln für die Zusammenarbeit und das Miteinander haben wir (Werte/Kultur)?“

Die fertigen Texte waren toll, in etwa: „Möchtest du in sechs Monaten einen neuen Kontinent mit all seinen Schönheiten und Menschen kennen lernen? Möchtest du mit Tränen in den Augen vor dem Machu Picchu stehen, mit deinen neuen Freunden tief in fremde Kulturen eintauchen und mit unzähligen neuen Erfahrungen zurückkehren?“

Natürlich haben alle verstanden, dass die Aufgabe der Erstellung einer Stellenanzeige nachempfunden war. Trotzdem hat zum Glück niemand geschrieben: „Aufgaben: Spanisch übersetzen, Wohnmobil reparieren… Anforderungen: Spanisch auf Level XY, abgeschlossene technische Ausbildung…“ Das wäre ja auch absurd, wenn man jemanden für eine so tolle gemeinsame Reise gewinnen und eng mit der Person über lange Zeit zusammen sein möchte.
Warum formulieren wir dann Stellenanzeigen so? Weil es alle so machen und es immer schon so war?

Ich hoffe sehr, dass sich diese erste Übung fest eingeprägt hat und alle später bei der Formulierung von Stellenanzeigen ein Wohnmobil in den Anden und vier glückliche Menschen vor sich sehen werden.

Über den Autor

Dr. Sebastian Tschentscher findet mit seiner Executive Search Boutique „Digital Minds“ die besten digitalen Köpfe für Ihr Unternehmen.

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