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Vorstands-Sharing bei VW

Manchmal erfährt man am meisten über die Chance, geeignete Frauen für Führungspositionen zu gewinnen, wenn man sich Männer in Führungspositionen anschaut. Der Vorstandsvorsitzende von Porsche übernimmt nach dem Abgang von Herbert Diess nun auch die Führung des gesamten VW-Konzerns.

Als ich davon gehört habe, dachte ich: ‚Da diskutieren wir über Jobsharing auf Vorstandsebene und bei VW führt man umgekehrt das Vorstands-Sharing für zwei Jobs ein.‘ und zwar trotz „bizarrer Konstellationen“ und Interessenkonflikten im Aufsichtsrat, so der SPIEGEL. Warum man das in Kauf nimmt? „Seine Manieren waren ein entscheidendes Argument, ihm zu einem der mächtigsten Industriebosse der Welt zu befördern.“ Sein Vorgänger, Diess, habe zwar den Schritt in die E-Mobilität geschafft, aber sich immer wieder mit Betriebs- und Aufsichtsräten überworfen. Blume soll nun „den zerstrittenen Vorstand versöhnen und die Belegschaft beruhigen.“ Interessant ist für mich, was zuvor gegen ihn sprach: „Blume fehlte der bedingungslose Machtwille, mit dem sich Diess einst an die VW-Spitze geputscht hatte.“

Sicher, die Spitze deutscher Automobilkonzerne ist ein Härtetest. Dennoch frage ich mich: Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Frauen an die Macht putschen? Ist unbedingter Machtwille ein geeignetes Kriterium für die Spitze? Und wenn man wie VW – notgedrungen durch Konfliktherde im Haus – den Kulturwechsel an der Spitze wagt: Wie viele Frauen würden sich zutrauen, zwei Groß-Unternehmen gleichzeitig zu führen? Momentan bewerben sie sich nicht einmal für einen Führungsjob. Zwei Arbeitsmarktforscher der Universität Erlangen-Nürnberg fanden jetzt heraus, dass bei den zehn Prozent der Firmen, die die höchsten Löhne zahlen, 65 Prozent aller Bewerber:innen männlich und nur 35 Prozent weiblich sind, wie die ZEIT berichtet. Grund der Abschreckung, so die These der Studienautoren, seien familienunfreundliche Bedingungen wie unregelmäßige Arbeitszeiten, Überstunden, häufige Dienstreisen oder Nachtschichten. Die Erkenntnis ist banal: Top-Kandidatinnen sind oft Mütter.

Fränzi Kühne ist TLGG-Gründerin, Ex-Aufsichtsratsmitglied der Freenet AG und eben Mutter. Nun machte kürzlich die Nachricht die Runde, dass sie sich den Posten des Chief Digital Officer bei edding mit ihrem ehemaligen Kollegen Boontham Temaismithi teilt. edding-CEO Per Ledermann, der Sohn des Firmen-Mitgründers, hat Capital.de dazu etwas Spannendes gesagt: „In den Gesprächen haben wir schnell gemerkt, dass wir uns mit einem Standard-Arbeitsmodell von fünf Tagen die Woche sehr einschränken. Viele Topleute haben heute einfach andere Lebensmodelle.“ Ich denke, um mehr Frauen anzuziehen, ist schon viel getan, wenn wir den Führungsalltag von unnötigen Reisen und abendlichen Präsenzzeiten befreien. Um den Bogen zu schließen: In Wolfsburg dürfte das jetzt auch nötig sein.

Über den Autor

Dr. Sebastian Tschentscher findet mit seiner Executive Search Boutique „Digital Minds“ die besten digitalen Köpfe für Ihr Unternehmen.

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