Ich muss zugeben, dass ich immer unsportlich war. Als Kind konnte ich zwar ganz gut schwimmen und tauchen, aber alles andere nicht. Schmerzliche Erinnerungen habe ich an den Sportunterricht, wenn Teams gewählt wurden und ich dann als einer der letzten dastand. Ich hoffe und glaube, dass dieses unwürdige Prozedere inzwischen abgeschafft ist. Später habe ich mich dem Reitsport zugewandt; das war toll, aber auch hier konnte ich keine großen sportlichen Erfolge verzeichnen. Dasselbe beim Tennis: spielt gerne, aber nicht gut, würde ich meine Performance zusammenfassen.
Das alles änderte sich vor knapp einem Jahr, als in Hamburg ein Tennisclub zur Padel-Tennis-Anlage umgerüstet wurde. Schon nach wenigen Versuchen war mir klar: das ist es. Der Sport wurde in den 60ern in Mexiko erfunden und ist in Spanien und einigen anderen Ländern weit verbreitet. In Deutschland war das Thema bis vor kurzem praktisch unbekannt, seit einiger Zeit eröffnen aber auch bei uns überall neue Anlagen. Was ist das für ein Sport und was ist so toll daran? Man spielt auf einem Platz der nur ca. 1/3 der Größe eines Tennisplatzes hat und von Glaswänden umgeben ist. Ähnlich wie beim Squash kann der Ball von den Wänden abprallen und weiter gespielt werden. Das führt auch bei technisch ungeübteren Spielern zu langen Ballwechseln. Und vor allem: man spielt zu Viert, so dass immer die Dynamik der Teams eine Rolle spielt und man auch schon einmal gegen stärkere Gegner gewinnt, wenn man in seinem Team gut harmoniert.
Warum berichte ich hier davon und was hat das mit Digitalisierung zu tun? Nun, in meiner zweiten (Wahl-)Heimat Barcelona gibt es mehr als 50 Clubs und wenn ich dort bin, spiele ich jeden Tag. Wie ist das möglich? Durch eine App, in der diese Clubs und Tausende Spieler angemeldet sind. Man wählt einfach aus unzähligen Matches, die täglich buchbar sind, nach Uhrzeit, Club und vor allem dem Level der anderen Spieler. Denn dieses Level wird nach einem Algorithmus mit jedem Sieg und jeder Niederlage anhand zahlreicher Faktoren angepasst. Es ist fantastisch: wenn man in etwa gleichstarke Teams hat, kommen die tollsten Partien zustande.
Für mich ein Beispiel, wie Digitalisierung ein GameChanger sein kann: Vor 20 Jahren wäre es praktisch unmöglich gewesen, für einen Fremden in einer spanischen Stadt so eine Sportart auszuüben. Man hätte Mitglied in einem Club werden bzw. Spieler auf gleichem Level finden müssen. Kaum möglich, wenn man nur ab und zu dort ist. 2023 sieht das anders aus: Dieses Jahr habe ich schon fast 100 Partien absolviert und viele Bekanntschaften mit Menschen aus aller Welt gemacht. Häufig vernetzt man sich nach einem Match, bleibt in Kontakt und spielt noch einmal zusammen, wenn es sich ergibt.
Ich musste also Mitte Vierzig werden, um einen Sport zu finden, der mir half das „Trauma der Unsportlichkeit“ zu überwinden. Und die Digitalisierung hat dabei kräftig geholfen.